KOSTENLOSES WEBINAR
Alles über Investui
Es ist Samstag, der 08. Juni 2019, genau 13:48 Uhr. Wahrscheinlich läuft gerade irgendein Fußballspiel im Fernsehen. Aber ich habe keine Chance, es anzuschauen. Nicht nur, weil ich seit zehn Jahren überhaupt keinen Fernseher mehr besitze. Sondern vor allem deshalb, weil ich nicht auf der Couch hocke, Bier trinke und durch das Nachmittagsprogramm zappe. Sondern seit genau sechs Stunden und 48 Minuten auf schmalen, überwucherten Pfaden wie ein Verrückter durchs Unterholz renne – im Pfälzerwald, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands.
Brutale Strecke
Die Tatsache, dass hunderte andere Läufer gerade das gleiche tun, zeigt, dass das Ganze nicht so verrückt ist, wie es klingt. Die Veranstaltung, an der ich teilnehme, ist die Deutsche Meisterschaft im Ultratrail. Dafür wurde in diesem Jahr eine besonders brutale Strecke über 78 Kilometer ausgewählt, auf der rund 3000 Höhenmeter zusammenkommen – was in etwa der Höhe der Zugspitze entspricht. Die „Ausschilderung“ erfolgt durch rot-weißes Flatterband, das im Abstand von wenigen hundert Metern an Büschen und Bäumen angebracht ist. Dennoch erfordert es ständige Konzentration, nicht vom Weg abzukommen, da man über weite Strecken außer Sichtweite anderer Teilnehmer läuft und auf sich allein gestellt ist. Gleichzeitig ist bei jedem Schritt auf die Trittsicherheit am Boden zu achten, um nicht über die nächste Wurzel zu stürzen.
Warum?
Man könnte nun fragen: Was bewegt jemanden dazu, so eine Sportart auszuüben? Die Zecken, die man sich in den Büschen und Wiesen einfängt, sind es sicher nicht. Wahrscheinlich ist es auch nicht die Aussicht auf drei Tage straffen Muskelkater nach einem solchen Rennen. Und erst Recht nicht der ständige Balanceakt, so schnell wie möglich zu laufen, aber sich dabei auch nicht zu verletzen. Man könnte meinen, Trailrunner ticken anders als „normale Menschen“, die entweder nur beim Sport zuschauen (wo wir wieder beim Thema Fußball wären) oder es allenfalls zwei- bis dreimal pro Woche für eine halbe Stunde aufs Laufband oder für eine Runde um den Häuserblock schaffen. Wobei sich die Frage stellt, was „normal“ bedeutet. Ist denn nicht eigentlich gerade die Zeit in der Natur, auf weichem Waldboden und vor beruhigender, grüner Kulisse, begleitet von entspanntem Vogelgezwitscher, das natürlichste der Welt!?
Genau dieses echte Naturerlebnis ist wohl auch der Grund, weshalb Trailrunner selten ihren inneren Schweinehund überwinden müssen, um zu trainieren. Ganz im Gegenteil: Viele Läufer freuen sich den ganzen Tag auf Wald und Wiese, während sie im Büro hocken und auf Bildschirme starren. Das Laufen in der Natur, abseits asphaltierter Straßen und des Trubels der Stadt, macht den Kopf frei und erfrischt den Körper, sodass man sich danach fast immer besser fühlt als zuvor. Das geht soweit, dass inzwischen auch Ärzte dazu raten, lieber mal öfter im Wald joggen oder spazieren zu gehen, statt irgendwelche Medikamente zu schlucken. Erste Studien dazu zeigten bereits, dass sich diese ganz natürliche „Medizin“ positiv auf Blutdruck, Stresshormone und Immunsystem auswirkt und sogar dabei helfen kann, Entzündungen im Körper zu reduzieren. Ein gesunder Lifestyle-Sport also, der Spaß macht und gut für Körper und Kopf ist.
Unterwegs.
Wobei diese positiven Aspekte eher für das alltägliche Training gelten und nicht für Wettkämpfe, bei denen man sich bis zur körperlichen und mentalen Grenze verausgabt. Also zurück zur Realität, die heute etwas ungesund aussieht, denn meine Beine sind platt. Die Muskulatur wurde nicht nur von den steilen Bergauf-Passagen zerstört, die teils nur durch zusätzliches Heraufziehen an den dort befestigten Seilen zu erklimmen waren, sondern auch vom schnellen Bergablaufen auf Passagen, die teils so steil sind, dass man ständig bremsen muss, um überhaupt heil nach unten zu kommen. Zudem sind die Beine zerkratzt von den Büschen, Brennnesseln und Gräsern, die viele Trails überwuchern – aber über solche Kleinigkeiten machen sich wohl die wenigsten Teilnehmer Gedanken.
Glücklich und Zufrieden
Trotz dieser Anstrengungen ist Trailrunning etwas wunderbares. Denn wir werden zurückversetzt in unsere frühere Lebensumgebung, verbringen Zeit im Einklang mit der Natur und fühlen uns trotz (oder gerade wegen) aller Unannehmlichkeiten, die die Wildnis eben mit sich bringt, innerlich wohl und zufrieden. Es ist der krasse Gegensatz zum modernen Leben, in dem vieles geordnet und steril abläuft. Wie früher als Kinder begeben wir uns auf echte Abenteuer, streifen über Wiesen und durch Wälder, begeben uns fernab jeglicher Zivilisation, spüren Hunger und Durst, entdecken neue Pfade und sind auf uns allein gestellt – und am Ende jedes mal froh, wieder heil zu Hause anzukommen, ein Dach über dem Kopf zu haben und genug essen und trinken zu können. Vielleicht ist es diese Erkenntnis, die Trailrunning so besonders macht: Dass es nicht viel mehr braucht als die absoluten Grundbedürfnisse, um sich wirklich glücklich und zufrieden zu fühlen!
Weiter
Und dann kommt es, irgendwo bei Kilometer 70, das Schild, an dem heute wohl jeder Teilnehmer schmunzeln muss: „Wenn es einfach wäre, würde es Fußball heißen“. Natürlich ist klar, dass auf dem Platz selbst die besten Trailrunner keine Chance gegen Profi-Fußballer hätten. Und umgekehrt die besten Fußballer nicht an der Spitze eines Ultratrails mithalten könnten. Aber darum geht es auch gar nicht. Solche kleinen Gimmicks des Veranstalters stehen für die besondere, einzigartige und oft familiäre Atmosphäre bei Trail-Läufen, fernab der Massenmedien und großer Stadions. In diesem Moment fühlt es sich gut und richtig an, dass dieser Sport eben kein Milliardengeschäft ist wie Fußball. Denn genau das hätte die einzigartige Kulisse längst zunichte gemacht. Gleichzeitig ist Trailrunning auch keine Außenseiter-Sportart mehr. Denn inzwischen tummeln sich hier bekannte Marken wie Salomon, adidas und Saucony. Insgesamt gehen die Teilnehmerzahlen von Jahr zu Jahr deutlich nach oben, sodass manches Rennen bereits frühzeitig ausgebucht ist. Tatsächlich ist Trailrunning also zu einer echten Trendsportart geworden.
14:23 Uhr. Der Wald spuckt mich wieder aus. Es sind jetzt noch knapp zwei Kilometer bis ins Ziel im kleinen Ort Reichweiler, in dem wir heute am frühen Morgen gestartet sind. Dort angekommen gibt es später eine kleine Siegerehrung mit Medaille, Urkunde und Händedruck. Dann ein Foto für die Presse. Statt der in anderen Sportarten üblichen Champagner-Dusche gibt es hier eine richtige Dusche – mit richtigem, kalten Wasser, wenn man zu spät kommt.
Investieren wie ein Meister?
Sechs wichtige Fakten für Anleger, die in Markteffekte investieren wollen.